1:0 (0:0)
Auf der Südseite, ganz in der östlichen Ecke sind schon die ersten grünen Tafeln der Verschalung angebracht. Es geht dahin.

Treffpunkt ist um 11:30 und alle sind pünktlich wie immer. Hans und Maria haben Proviant aller Art an Bord. Hans stimmt uns auf das wichtige Spiel ein und kritisiert die Aussagen unseres Trainers nach dem Admira-Spiel, dass man als Rapidler vom Anspruch an den Meistertitel nicht abweichen darf.
Der Fancorner ist auch heute, am Sonntag besetzt aber es haben wohl die meisten 7-jährigen Abo-Anwärter ihre Karten schon am Samstag gekauft; es ist wenig Kundschaft unterwegs.
Die Fahrt verläuft unspektakulär. Rauchpause in Roggendorf, Versorgungspause in St. Valentin bei Landzeit. Es ist sonnig aber kühl.
Ankunft in Ried etwa 15:45, Ankunft in Wien ca. 22:00.
Und dann dieses Spiel
Klare Überlegenheit, zumindest in der ersten Hälfte, gefolgt von der Fußballregel Nummer 1: Tore, die man nicht schießt, kriegt man. Mit einer einzigen Chance geht Ried in Führung und trotz großer Anstrengung gelingt nicht einmal der Ausgleich. Die Einwechslung von Steffen kommt in der 85. Minute, aber das ist zu spät. Trotz der kurzen Einsatzzeit kommt er noch zu zwei guten Freistoßsituationen, die aber beide nichts einbringen. Leider.
Ried (Admira, Altach…) und die Folgen
Noch ist nichts verloren aber es beginnt die Zeit, wo die Rechnerei der theoretischen Möglichkeiten beginnt. Es ist rechnerisch noch ganz leicht möglich, trotz der vier Punkte Rückstand, Meister zu werden. Genau so ist es aber auch möglich, dass man auch noch überholt wird und man sich mit den ersten Qualifikationsrunden herumschlagen muss und diese noch im Happel-Stadion spielen muss. Siehe Setzliste von Bert Kassies. Na, und mit ein bisschen Pech kann es noch schlimmer kommen.
Dieses Ergebnis in Ried hat schwerwiegende Folgen. Einmal in der Meisterschaft, weil RB auch direkten Duell nicht mehr zu überholen ist. Gleichzeitig werden dieses Schlüsselspiel gegen RB, das es in jedem Fall noch ist, deutlich weniger Zuschauer besuchen, also ein finanzieller Verlust für den Verein. Noch wichtiger scheint aber die schwindende Zuversicht der Mannschaft zu sein. Asterix-Leser erkennen in der gedrückten Stimmung Musculus, den römischen Athleten, dessen Motivation rapid nachlässt, als er erlebt, dass er von vermeintlich schwachen Gegnern besiegt wird.
Anfang Februar war klar, dass der nächste Monat viele Weichen stellt. Man hat noch darüber gewitzelt, dass es auch ganz schlecht laufen kann – ohne das ernstlich anzunehmen. Ende Februar haben wir uns nach den Niederlagen in den Cup-Bewerben damit getröstet, dass es in der Meisterschaft nach einigen Siegen in Folge doch ganz gut gelaufen ist. Das ist jetzt auch vorbei.
Ein Kollektiv ist wie ein Uhrwerk. Wenn alles passt, läuft die Uhr, hat die Mannschaft einen Lauf. Läuft die Uhr nicht, bedarf es großer Fachkenntnisse, die Ursache zu erkennen. Bei einem Uhrwerk ist es einfach, ein geschickter Uhrmacher genügt. Beim Fußball ist das vergleichsweise schwierig.
Erklärungen wie „Arbeitsverweigerung“ sind sicher zu einfach und vor allem falsch. Einer Mannschaft, die eine reale Möglichkeit des Meistertitels vor Augen hat, so etwas vorzuwerfen, spiegelt eher die eigene Arbeitshaltung als die Motivation der Mannschaft. Niemand war wahrscheinlich über das Ergebnis mehr enttäuscht als die Spieler selbst.
Die meisten Schuldzuweisungen hat der Trainer zu verkraften. Aber Zoki muss mit vorgegebenen Spielern ein Wunder vollbringen. Nach meiner Ansicht hat er das eigentlich schon vollbracht. Florian hat mitgezählt: alle vier Stürmer zusammen erzielten in der Meisterschaft 11 Tore (4 Jelic, 3 Prosenik, 3 Alar, 1 Tomi). Dazu kommen noch 3 Beric Tore. Andere Vereine sind mit einer solchen Quote der Stürmer abstiegsgefährdet. Und das muss der Trainer durch ein spielerisches Übergewicht ausgleichen. Dieses Wunder ist eigentlich im Verlauf der Saison ganz gut gelungen, aber die Mängel im Sturm führen manchmal doch zu Niederlagen, nämlich wenn der Gegner die Räume eng macht und die Flügelstürmer nicht ins Zentrum eindringen können, und daher dort den Mittelstürmer anspielen. Diese Abschlussschwäche der Stürmer steht teilweise für die bisherigen 10 Niederlagen, eine stolze Zahl für den immer noch zweiten Platz.
„Manchmal gewinnt der Bessere“
Dieser Satz ist der Name eines Buchs von Metin Tolan, einem Physiker, der in diesem Buch den Fußball wie kein anderer analysiert hat. Und dieses Spiel gegen Ried war wieder eines von dieser Sorte. Man ist der Bessere – und verliert. Und das hat nichts mit einer (von den Zuschauern behaupteten) schwachen Leistung zu tun. Denn Zuschauer messen die Leistung an den Toren, was aber Leistung definitionsgemäß nicht ist. Die Tore sind ein Zufallsprozess, der mit steigernder Qualität der Mannschaft mehr Tore erzeugt. Aber nicht in einem konkreten Spiel. Und schon gar nicht zu einem konkreten, nämlich von uns gewünschten, Zeitpunkt. Würden wir in einigen Tagen erneut gegen Ried spielen, alles wäre anders, aber die Akteure wären trotzdem dieselben.
Fußballregel Nummer 1. Stimmt die? Und warum? Wenn einmal während eines Spiels kein Tor gelingt, bedeutet das natürlich nicht, dass schlecht gespielt wurde. Wir wissen, dass Tore im Fußball selten sind und dass sie zufällig entstehen. Und daher kann es durchaus sein, dass einmal 90 Minuten lang oder auch länger für eine Mannschaft kein Tor fällt. Das ändert gar nichts an der durchschnittlichen Torquote, die zum Beispiel Rapid hat. Und während all dieser Null-Minuten hat der Gegner natürlich auch seine Gelegenheiten, die dann eben manchmal zu Niederlagen führen aber nichts daran ändern, wer in diesem Spiel der David und wer der Goliath ist, wie das die „Arena News“, die Stadionzeitung in Ried, getitelt hat (siehe Links).
Fußball ist ein Spiel, das extrem von Zufällen dominiert wird. Dass ein Stürmer – wie Jelic im Spiel gegen Ried in der ersten Hälfte den perfekt geschossenen Stanglpass von Schobesberger nicht im Tor unterbringt, ist einer dieser Zufälle.
Wenn das aber im ganzen Spiel ganz ähnlich läuft und sich von Spiel zu Spiel wiederholt, will man an die Zufälligkeit nicht mehr so recht glauben.
Es ist durch Zahlen belegbar, dass Rapid seine Siege praktisch stürmerlos einfährt. In der Gruppenphase gab es nur ein Stürmertor (zum 2:0 im Heimspiel gegen Minsk durch Jelic). Doch durch die beiden starken Flanken Kainz und Schobesberger und durch das starke Mittelfeld gelangen dennoch in der Vergangenheit schöne Erfolge.
Manchmal kann es also auch ohne Stürmer gelingen, Spiele zu gewinnen. Wenn aber dieser elfte Mann, der Stürmer, dringend als spielerische Verstärkung notwendig wäre, dann fällt es auf, dass unser Solo-Stürmer sehr oft falsch steht und sich mit wenig Engagement am Spiel beteiligt.
Die Gegner haben diese Schwäche natürlich auch entdeckt und stellen ihr Spiel immer besser auf Rapid ein.
Diese Zufälligkeiten bedeuten aber nicht, dass alles, was rund um das Spiel geschieht, nicht notwendig wäre, weil es eh ein Zufall ist, wer gewinnt. Nein, so ist das nicht zu verstehen. Je besser die Vorbereitung des Teams, je besser der Support, je mehr sich Spieler ihrem Anhang verpflichtet fühlen, je besser manche motiviert sind (vielleicht auch durch Geld), je talentierter die Spieler sind, je hungriger, je besser der Trainer ist, je besser der Teamgeist, je geringer die Zahl der Verletzten usw… desto höher ist die Torquote. Aber man weiß nicht, wann diese Tore schließlich fallen. Manchmal gleich vier in einem Spiel, manchmal gar keines. Und gerade deshalb ist Fußball so interessant, weil es von niemandem, auch nicht von den Experten im Detail voraussagbar ist.
Wer hat uns das eingebrockt?
Jelic ist ein zweiter Vennegoor. Beide wurden unter größtem Zeitdruck geholt. Vielleicht, weil man ein Maximum aus dem Beric-Transfer herausholen wollte. Vielleicht, weil man Beric für die Qualifikationsphase halten wollte, wissend, dass man nur mit der eingespielten Mannschaft eine Chance auf den Einzug in eine Gruppenphase haben würde. Ich tippe eher auf Gewinnstreben; Andi Müller betonte einmal, dass er als geschäftstüchtiger Schwabe immer aufs Geld schauen würde.
Wären unsere Spieler von Rapid II nicht besser geeignet, in einem solchen Fall, wenn also eine Position unter Termindruck zu besetzen ist, eingesetzt zu werden? Wer den erst 19-jährigen Coman von Bayern gesehen hat (Leihspieler von Juventus), nach dessen Einwechslung dieser an beiden Toren beteiligt war, könnte sich ebenso gut vorstellen, dass der gleich alte Sobczyk, der am Vortag einen eben solchen Stanglpass von Kovacec perfekt verwertet hat, die Stelle des Stürmers zumindest gleichwertig besetzen würde. Ganz abgesehen von der enormen Schnelligkeit der jungen Spieler von Rapid II. Vielleicht vertraut man zu wenig auf die Spieler aus dem eigenen Haus und wechselt weniger einem Wissen sondern eher der Not folgend, zwischen Jelic und Prosenik mit sehr geringen Toraussichten beider Spieler. Und das liegt nicht an den Mitspielern, denn Bälle kommen in ausreichernder Zahl zur Mitte.
Vielleicht ist es auch ein zu unflexibles System aber der Vergleich Beric-Jelic zeigt, dass es vor allem an den Akteuren liegt. Und an dieser Front ist derzeit wenig veränderbar.
Schließlich ärgere ich mich mit allen anderen Zuschauern über die magere Ausbeute von einem Punkt in den letzten drei Spielen und suche nach Gründen, die wahrscheinlich auch nicht alle zutreffen, vielleicht aber auch alle gleichzeitig zu einem Teil zutreffen.
Manchmal hat man einen Lauf – und keiner weiß warum, manchmal würde man einen solchen Lauf dringend brauchen – und kein weiß, wo man „drehen“ soll.
Choreografie
Mit ihrem Transparent „Vom Titel verabschieden? Nicht mit uns! Kämpft für Rapid!“ wiederholt der Block West die Aufforderung von Hans im Bus.

„B-Közep. Ne Adiatok Fel!“
Die Spruchbänder in „ausländisch“ sind entbehrlich. Wir sind in Österreich und öffentliche Schriften sollen auch in deutsch angebracht werden. Der Adressat dieser Sprüche sind natürlich nicht wir, die Zuschauer, aber da die Botschaft öffentlich ist, möchten wir gerne wissen, was sie bedeuten. Die Google-Übersetzung ist auch nicht sehr hilfreich: ~ „B-Zentrale geben Sie nicht auf!“ Es wird sich vermutlich um Ferencváros handeln (derzeit Tabellenführer mit großem Abstand).
Und warum wir das wissen wollen? Weil wir ein Recht darauf haben, dass öffentlich angebrachte Botschaften auch in der Landessprache geschrieben sind. Mich wundert, dass sich der Verein das gefallen lässt, denn die Reaktionen seitens der UEFA auf die Transparente im Valencia-Spiel kennen wir ja noch nicht und dennoch werden schon wieder solche Bänder unkontrolliert(?) hochgezogen.

Die Rapid-Viertelstunde wird spektakulär eingeleuchtet.

Links
Rapid-Viertelstunde
Die Rapid-Viertelstunde hat neue Beginnzeiten
Fr 19:15
Sa 12:15
Sa 15:45
Inhalt der 71. Ausgabe vom 19. 3.
- Fanreport: Franzobel & Sohn
- Die Rapid News zur Woche
- Harry Gartler und das Wappen
Link zum Video