In den Lizensierungsbestimmungen der Bundesliga wird darauf hingewiesen, wie vorteilhaft es für die Klubs wäre, ein gut ausgestattetes Stadion zu haben, also zum Beispiel steht im Punkt 7.3 „Vorteile für Klubs“, dass Komfort ein wichtiges Element sei, große Menschenmassen ins Stadion zu locken.
Ja, schön wär’s wenn, aber keinerlei Verpflichtung zu irgendwas. Lauter Kann-Bestimmungen.
Als Besucher der Stadien bemerkt man solche Bemühungen der Kundenfreunlichkeit nicht an allen Fronten. Und auch die Bundesliga optimiert diese Kundenorientierung nicht für den zahlenden Zuschauer als Kunden sondern eher für den (noch mehr) zahlenden Medienpartner und Sponsor als Kunden.
An den Beispielen der Fixierungen, des Ticketing und der Stadiongemütlichkeit soll das illustriert werden.
Fixierungen
Wir sind es gewohnt, Spiele mehrere Wochen im Voraus zu planen. Die Fixierungen der Bundesliga können mit dem Planungshorizont von Privatpersonen leider nicht mithalten, denn die Spieltermine werden nur vier Wochen im Voraus festgelegt. Wenn aber jemand zum Beispiel den Zug zur Anreise wählt, dann muss er – um einen günstigen Tarif zu bekommen – früh buchen, und die lakonische Angabe „Samstag“ ist für den ÖBB-Ticket-Shop zu wenig. Da man solche Details bei der Bundesliga nicht kennen dürfte, hier ein Beispiel für die Preisgestaltung einer Zugfahrt nach Graz:

Wenn man keine Sparschiene erwischt, weil man zu spät dran ist, dann wird das ein teures Vergnügen!
Ob die Ausschaltung des ORF in der kommenden Saison eine Verbesserung bringen wird? Da dem Privatsender noch mehr Geld abverlangt wird, kann man das jetzt schon bezweifeln, das Fernsehen wird das Geschehen weiterhin diktieren, vielleicht noch mehr als bisher.
Ticketing
Das Ticketing findet in dem Lizensierungshandbuch keine Erwähnung, ist aber eine Schnittstelle, die ein erstes Bild von der Kundenorientierung eines Vereins zeichnet. Die Art, wie beim SVM Mattersburg oder beim LASK Karten verkauft werden, sind durch die Nicht-Erwähnung irgendeines Mindeststandards im Lizensierungshandbuch durch die Bundesliga indirekt legitimiert, nicht aber durch den Wunsch, man solle irgendwelche „Zuschauermassen“ durch ein besseres Service anlocken.
Fall Mattersburg
Über die (Un-)art, wie in Mattersburg Eintrittskarten verkauft werden, wurde in diesem Tagebuch schon genug geschrieben (Hier). Man kann in Mattersburg Karten nur vor Ort kaufen und dann nur am Freitag vor dem Spiel. Es gibt ein Zusendeservice per Nachnahme, das aber immer wieder versagt, weil Karten nicht rechtzeitig ankommen und dann mühsam reklamiert werden müssen. Außerdem ist der Service sehr teuer.
Wir leben immerhin im 21. Jahrhundert, das Internet ist allgegenwärtig, natürlich auch im Ticketing und die Buchungstechnik des Online-Ticketing sollte nach der Meinung des Schreibers Eingangsvoraussetzung für einen Bundesliga-Verein sein. Nach diesem „Fiala“-Kriterium scheidet Mattersburg bei einer Lizensierung schon einmal aus und muss diese Hausaufgabe nachholen. Und das ist nicht allzu schwer, denn alle anderen Vereine können das. Es geschieht aber nicht, weil die Bundesliga nicht auf den Kunden schaut, so wie sie das von den Vereinen in ihrem Handbuch fordert.
Dass man das „Modell Mattersburg“ noch überbieten kann, war bis heute nicht vorstellbar, aber schauen wir weiter zum LASK:
Fall LASK
Am kommenden Samstag, den 18. November ist das Auswärtsspiel gegen den LASK und heute ist Dienstag, 14. November. Erst heute, vier Tage vor dem Spiel ist es für einen neutralen Besucher möglich, Karten zu erwerben. Auf der Seite des LASK-Ticketing stand bis heute 10:00 Uhr, dass der Ticket-Shop eben um 10:00 öffnen würde.
Das ist aber nicht der Fall. Um 10:00 (bis jetzt um 13:00) ist hier zu lesen:

Das heißt: keine Karten für Besucher aus Wien! Wäre das vorher bekannt gewesen, wäre Gregor nur wegen der Karten nach Pasching gefahren, so aber hat man die Wiener durch Desinformation ausgetrickst. Es gibt keine Karten!
Diese Strategie, künstlicher Verknappung von Sitzplätzen durch Wahl eines kleinen Stadions und dazu solche Vorverkaufsmätzchen sind also das, was die Bundesliga „Komfort, ein wichtiges Element“ nennt und von dem der LASK glaubt, sportliche Vorteile für die eigene Mannschaft herausschlagen zu können.
Dass es also erlaubt ist, dass ein Verein das genaue Gegenteil von dem macht, das die Bundesliga von ihm erwartet (Kundenorientierung) und das solche Umstände in den Lizensierungsbestimmungen gar keine Erwähnung finden, zeigt, dass man sich um die Kunden eigentlich nicht so viel kümmert als man es an anderen Stellen vorgibt.
Wir wollen aber nicht unerwähnt lassen, dass es auch sehr positive und nachahmenswerte Beispiele gibt:
Fall Rapid
Schauen wir einmal zu Rapid. Bei Rapid kann man für alle Spiele der laufenden Saison Karten erwerben, auch wenn der konkrete Spielzeitpunkt noch nicht feststeht. Das hat mit Kundenfreundlichkeit zu tun und kann bestens als Weihnachtsgeschenk verwendet werden. Man schenkt keinen Gutschein sondern bereits eine Eintrittskarte zu einem konkreten Spiel. Das funktioniert also in Hütteldorf genau so wie in Deutschland oder England.

Fall St. Pölten
Aber das ist nicht nur bei Rapid so, auch beim SKN St. Pölten konnte man für alle Heimspiele bis Dezember Tickets buchen, auch für das letzte Auswärtsspiel des Jahres am 16. Dezember gegen Rapid. Im Bild sieht man, dass man die Karten bereits kaufen kann, obwohl der Termin noch nicht fixiert ist.

Und wir haben diese Möglichkeit auch genutzt und haben eine Besonderheit in St. Pölten gebucht, die man als eine Art „VIP des kleinen Mannes“ bezeichnen kann, den Egger Biercorner.
Gemütlichkeit
Die Bundesliga empfiehlt, dass Vereine auf das Ambiente achten sollen, um den Besuchern den Aufenthalt so gemütlich wie möglich zu machen (sinngemäß).
Verachtung der Gäste
Dass man in Altach, Mattersburg, Wolfsberg und Südstadt im Gästesektor den Launen des Wetters voll ausgesetzt ist und dass man auch nach vielen Jahren seitens der Bundesliga nichts unternommen hat, etwas in dieser Angelegenheit zu bewegen, ist auch so ein Missstand, dem man sich weniger widmet als den Fernsehverträgen.
Das Lizensierungshandbuch schreibt, dass man im Stadion „Bildschirme und Lautsprecher“ aufstellen soll. Und das geschieht auch. In Mattersburg in Form des SVM-Café und bei Rapid durch Bildschirme hinter den Tribünen.
Fall Mattesburg
Man steht vor dem Spiel vor dem gemütlichen SVM-Cafe und wäre „konsumationswillig“ und wäre auch neugierig, ein gerade laufendes Fußballspiel zu sehen. Es sind alle da: die Security, die BilleteurInnen, das Schankpersonal – aber das SVM Cafe ist geschlossen. Erst 90 Minuten vor Spielbeginn wird es geöffnet und man fühlt sich irgendwie nicht gut behandelt. Man will nicht ins Stadion, man will nur ins Café, das an Spieltagen einfach nicht früher öffnet, obwohl gerade an Spieltagen Bedarf besteht, das anderntags aber sehr wohl geöffnet hat.
Fall Rapid
Neues Stadion, überall Monitore, überall Lautsprecher – so wie es sich gehört; aber hören kann man nichts. Der die Lautsprecher eingestellt hat, muss das eventuell im menschenleeren Stadion gemacht haben, denn wenn man bei einem Bier die Pressekonferenz verfolgen wollte, muss man Lippenleser sein, hören tut man nichts.
Fairerweise muss man sagen, dass das ein Jammern auf hohem Niveau ist, denn dass es in einem Stadion Monitore für Zuschauer gibt, ist anderswo ohnehin unbekannt.
Hier eine Tonaufzeichnung von einer Pressekonferenz nach dem Spiel am 22.7. 2017 (Rapid-Mattersburg)
Fall St. Pölten
In St. Pölten hat man sich etwas sehr Gemütliches einfallen lassen: in der linken Ecke auf der Seite der Haupttribüne kann man All-Inklusive-Tickets kaufen. 45,- Euro pro Ticket und Essen und Trinken sind frei. Ich finde, dass diese Lösung nachahmenswert ist und man könnte mit dem Prinzip dieses „Egger-Bier-Corners“ auch in anderen Stadien die oft leeren Ecken füllen.

Zusammenfassung
Die Bundesliga schätzt die Großkunden mehr als das „Kleinvieh“. Die Sorge um den Stadionbesucher überlässt die Bundesliga den Vereinen und gibt gute Ratschläge. Die Mindeststandards, die den Zuschauer betreffen, beschränken sich auf die verpflichtenden Waschräume, alles andere ist optional und liegt im Ermessen der Vereine.
Wir, die Zuschauer würden uns erwarten, dass die Bundesliga an dieser Front ebenso verbindliche Standards vorschreibt, wie sie das zum Beispiel bei der Finanzgebarung macht. In der kommenden Saison wird es für solche unbefriedigenden Zustände für die Vereine Abschläge bei den Fernsehgeldern geben. Werden diese aber auch ausreichen, um die Veranstalter kundenfreundlichen handeln zu lassen?
Nach meiner Ansicht müsste die Bundesliga bei offensichtlichen Nachteilen für Zuschauer als ihr Anwalt gegen den veranstaltenden Verein auftreten. Dass Vereine versuchen, einen fairen Wettbewerb am Rasen durch einen unfairen Wettbewerb am Rücken der Zuschauer abzuhalten, ist dem Fußballsport nicht zuträglich.
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